Im Personalmagazin 11/2022 zeigt Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Stefan Schwilden den aktuellen Stand zum Thema „Vertrauensurlaub“ und zeigt Rahmenbedingungen auf.
Hier meine Eindrücke zu seinen Empfehlungen:
„Eine Studie der Recruitingplattform Joblift besagt, dass ausgeschriebene Stellen, bei den Vertrauensurlaub möglich ist, doppelt so schnell besetzt werden, wie Stellen mit herkömmlichen Urlaubsregelungen.“
Das glaube ich sofort. In den mir bekannten Unternehmen wäre Vertrauensurlaub ein echter USP und könnte im Employer Branding kommunikativ stark nach vorn gestellt werden.
Mir fallen nur wenige Menschen ein, die nicht von der Möglichkeit einer längeren Auszeit träumen oder die gern flexibler wären, wann sie arbeiten und wann sie mit guten Gewissen mehr Care Arbeit (Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Hausarbeit, Renovierungen,…) verrichten. Und das „ohne Genehmigung“.
Dr. Schwilden nennt 14 Bedingungen für das Funktionieren von Vertrauensurlaub:
1) Arbeitgeber (AG) stellt sicher, dass Mitarbeitende (MA) den gesetzlichen Mindesturlaub (20 Tage/Jahr) tatsächlich nehmen
2) Vertraglich regeln, dass der Urlaubsanspruch (Vertrauensurlaub) zum Jahresende verfällt und nicht übertragen werden kann
3) Vertraglich regeln, dass der AG den MA nicht am Jahresende darauf hinweisen muss, dass „noch Vertrauensurlaub offen ist“ und dieser zum Jahresende verfällt
4) Vertraglich regeln, dass genommene Urlaubstage zunächst auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch angerechnet werden
5) Vertraglich regeln, dass Anspruch auf Vertrauensurlaub oberhalb des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht monetär abgegolten wird
6) Spezielle Regelungen für Krankheit, Elternzeit und Kündigung, damit bspw. keine dauerhafte Entgeltfortzahlung entsteht, weil MA sich nicht mehr krankmelden, sondern Urlaub nehmen
7) Urlaub im Anschluss oder während einer Krankheit nur nach Genehmigung
8) Urlaub nach Ausspruch einer Kündigung nur nach Genehmigung
9) Vertrauensurlaub am besten als Pilotprojekt befristet einführen oder Widerruf
10) Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG zwingend miteinbeziehen
11) Vereinbarkeit mit Tarifvertrag prüfen, Günstigkeitsprinzip für MA beachten
12) MA in der Probezeit zunächst von Vertrauensurlaub ausschließen
13) Höchstgrenze an Urlaub (z.B. 6 Wochen am Stück) kann sinnvoll sein
14) Festlegung von Spielregeln für personelle Mindestbesetzungen sowie Absprachen unter MA in Abteilungen mit Kundenkontakt oder prozessualen/technischen Erfordernissen
Je größer das Unternehmen und je mehr in internationaler Erreichbarkeit für Kunden sowie Schichtmodellen gedacht werden muss, desto herausfordernder wird sicherlich die Einführung von Vertrauensurlaub. Demgegenüber steht eine meines Erachtens sehr große Attraktivität für MA und Bewerber*innen.
Mein Fazit: Es lohnt sich! Was meinst du?