Kürzlich erreichte mich die Anfrage von Stefan Hund, ob es zu Trauer in Unternehmen bewährte KPIs gibt.
Was ist überhaupt Trauer in Unternehmen?
Meine Definitionen
1) INDIVIDUALEBENE: Ein kritisches Lebensereignis eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin, löst tiefe seelische Schmerzen über einen längeren Zeitraum aus.
Beispiele sind:
– Verlust der Position (arbeitgeberseitig herbeigeführter, interner Wechsel) oder des Arbeitsplatzes
– Trennung/Scheidung
– Tod von Partner oder Kind
– schwere eigene Erkrankung/Unfall bzw. von Familienmitglied
– lebensbedrohende Ereignisse (Traumata)
– Trauer im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen
2) KOLLEKTIVEBENE: ein gemeinschaftlicher Zustand, wenn das kritische (Verlust-)Ereignis eine Gruppe von Menschen in ähnlicher Weise betrifft.
Beispiele sind:
– Auflösung der Abteilung/des Teams, neue Struktur
– Ausscheiden des (bewunderten, geschätzten) Vorgesetzten
– Schließung eines kompletten Geschäftsbereiches
– Kündigung einer kritischen Anzahl an (liebgewonnenen) Kollegen
– Plötzlicher Tod des/der Firmeninhabers/-inhaberin
– Unternehmen wird aufgekauft
3) MIKROTRAUER: kann auch durch vermeintlich kleinere, nicht lebensbedrohliche Ereignisse ausgelöst werden
Beispiele:
– das Wechseln einer vertrauten/geliebten Software auf eine neue
– jede einzelne Kündigung im Team, jeder Rollen- und Aufgabenwechsel
– jede nicht eingehaltene Zusage, z.B. zur Karriereentwicklung oder Gehaltsentwicklung
– jeder länger andauernde Konflikt, der die Kooperation beeinträchtigt, das miteinander Arbeiten nicht mehr möglich macht oder Destruktivität zulässt
Wie messe ich solche Phänomene als HR-Abteilung, um angemessene Unterstützung anbieten zu können?
a) Fluktuationsrate auf Organisations-, Bereichs- und Teamebene
b) Krankheitstage, hier insb. Langzeiterkrankungen
c) Nutzungshäufigkeit meines Employee Assitance Programs, falls vorhanden
d) Auswertung aller kununu-Bewertungen, die etwas mit individueller, kollektiver oder Mikrotrauer zu tun haben
e) Auswertung aller Austrittsgespräche, in denen individuelle, kollektive oder Mikrotrauer thematisiert werden
f) Bei Umstrukturierungen ab Teamebene: Messung von Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung (am besten mit einem Kurzinventar oder einer App mind. monatlich)
g) Bei kollektiver Trauer empfiehlt sich eine Mitarbeiter-App oder ein elektronisches Feedbacksystem, welches niederschwellig funktioniert und dadurch täglich oder wöchentlich fragen kann „Wie geht es Dir?“
h) Von Mikrotrauer erfahren am ehesten die unmittelbaren Kolleg*innen und die Führungskraft. Ob es sinnvoll ist, hier zentral durch HR KPIs zu entwickeln und aufwendig von den Führungskräften erfassen zu lassen – ich denke Nein. Das ist die klassische Aufgabe einer wertschätzenden und zugewandten Führungskraft.
👉 Gibt’s bei Euch schon Kennzahlen, die Ihr zum Thema Trauer auswertet?