Die Kraft des Shadowings

Veröffentlicht: 2. Februar 2025  |  Lesezeit: ca. 2 Minuten

Freitagmorgen im Büro einer Führungskraft im agilen Umfeld. Ich erlebe ein typisches Teammeeting, die Führungskraft moderiert.

Ich werde vorgestellt: „Ich habe euch ja angekündigt, dass Anja Bach mich in meiner Führungsrolle heute begleitet und beobachtet.“ Ich verschwinde aus dem Wahrnehmungsfokus der Teilnehmenden im Hintergrund von MS Teams. Es geht los!

Planner-Karten werden vorgestellt, hinterfragt. Das Team gibt sich gegenseitig Updates zu offenen To dos und relevanten Informationen.
Nebendran sitzt Anja und schreibt sehr viel mit. Liest zwischen den Zeilen, trennt Verhaltensbeobachtungen und Bewertungen, Aussagen, Tonalität, Emotionen im Raum.

Immer wieder tritt Stille ein, die die Führungskraft fühlbar mit Worten füllt. Teammitglieder lehnen sich zurück, hören zu, beobachten. Und wieder diese unangenehme Stille. „Keine Anmerkungen? Kein Nachfragen von euch?“ müht sich die Führungskraft.

Später in der Auswertung schauen wir auf die Fragestellung „Was kann ich tun, um das Team mehr zu empowern und mich überflüssig zu machen?“

Die Lösung ist nicht trivial. Gerade Shadowing bietet die Möglichkeit, auf Verhaltensebene der Führungskraft zu schauen, was sie selbst zum Problem beiträgt und warum.

In diesem Fall lautet die Beobachtung:
1) (Zu) hoher Rede-Anteil der Führungskraft.
2) Wenig Aushalten von Pause oder Stille.
3) Zu perfekte Moderation, die andere davon abhält, selbst eine weniger perfekte Version mal auszuprobieren.
4) Viel Bedanken für Wortbeiträge und triviale Mitarbeit – übertriebenes Servant Leadership.

Die Führungskraft ist dankbar für ein ungeschöntes Feedback; hatte genau das schon vermutet, aber nie Feedback dazu erhalten. Nun liegt es glasklar auf dem Tisch, darf sich setzen.

Wir schauen darauf, wie es 5% besser gehen könnte – eine Technik aus dem Positive Leadership.

⬇️ Weniger Danke sagen, mehr verhaltensbezogenes Feedback geben
⬆️ Mehr Pausen aushalten, Stille als Prozess auf dem Weg zu Empowerment einplanen
❌ Dringend nicht mehr selbst moderieren, raus aus der Doppelrolle. Moderation rollieren lassen, damit es für niemanden peinlich ist, sondern jede:r mal dran ist.

Das Abschlussfeedback offenbart die ganze Kraft von Shadowing: nämlich auf der Micro-Ebene verhaltensbezogenes Feedback zu bekommen und es als Anlass für Reflexion und Verbesserung zu nehmen: Warum mache ich das eigentlich? Will ich das? Was möchte ich stattdessen ausprobieren?

Hast du schon Erfahrungen mit Shadowing gesammelt?