Wie habe ich früher als Personalleiterin eigentlich Fehlzeiten erfasst?
Zu den Klassikern einer differenzierten Betrachtung des Krankenstands zählt natürlich die Darstellung nach Abteilungen und Bereichen im Vergleich miteinander und zu den Vorjahren.
Schon aufwendiger ist es, nach bezahlten und unbezahlten Fehltagen differenziert auszuwerten. Das ist mir nicht in allen Unternehmen gelungen.
Hat sich die Anzahl der Fehltage pro Mitarbeiter dem kritischen Wert von 42 genähert, hilft oft ein guter BEM-Prozess. Damit meine ich einen BEM-Prozess, der Mitarbeitende in der Reduktion von Fehltagen fördert aber auch fordert. Es war oft ein Weg über Jahre, aber ich habe tolle Betriebsräte und selbst gewählten Mitarbeitenden-Vertretungen erlebt, die sich auf ein leistungsorientiertes BEM eingelassen haben. Neugierig, wie das gehen kann? Schreib mir 😊
Wie aber mit der Mehrzahl der Fälle umgehen, die nicht an oder über den 42 Tagen liegt? Oliver Walle, Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, rät in der aktuellen Ausgabe des Personalmagazins 03/2024 zur Verwendung des Bradford Faktors zur Analyse motivationsbedingter Fehlzeiten. Wie ich finde, ein echt spannender Ansatz.
Die Formel der University of Bradford, School of Management, aus den 1980 er Jahren geht davon aus, dass
1️⃣ kurze aber häufige Krankschreibungen für ein Unternehmen störender sind als längere Abwesenheit und
2️⃣ gleichzeitig ein Indiz für Absentismus sein können.
Zur Berechnung des Bradford Faktors wird die Anzahl der Krankmeldungen pro Mitarbeiter:in eines Jahres mit sich selbst multipliziert und anschließend mit der Summe aller AU-Tage der betreffenden Person.
Beispiel: 3 AU-Fälle X 3 X 10 AU-Tage in einem Jahr = 90 Punkte auf der Bradford Skala.
Auffällig wird es nun bei einem Mitarbeitenden, der sich 6 mal krank gemeldet hat und in Summe auf 56 AU-Tage kommt. Dies ergibt einen Punktwert auf der Bradford Skala von 2016 Punkten (6 X 6 X 56).
Die Skala wird im Ampelsystem ausgewertet
💚 1 bis 200 Punkte: kein Anzeichen für Absentismus – kein Gesprächsbedarf mit der Führungskraft und oder HR.
💛 201 bis 449 Punkte: erste Anzeichen für Absentismus – ein Mitarbeitergespräch wird empfohlen.
❤️ Mehr als 450 Punkte: es besteht dringender Handlungsbedarf – ein Mitarbeitergespräch ist erforderlich.
Gut an dem Ansatz finde ich
✂ dass er einfach umsetzbar ist
🚦 dass ein Ampelsystem zugrunde liegt und
➡ wenn sich HR und Betriebsrat einig sind, ein guter Anlass besteht, Führungskräfte auf ihre Pflicht zu einem Gespräch hinzuweisen. Das Gespräch hat natürlich wieder beide Ziele: Fürsorge und eigene Maßnahmen des Mitarbeitenden zur Reduktion der Fehltage.
Was meinst du dazu: ist sowas wie der Bradford Faktor notwendig, hilfreich oder gar nicht mehr zeitgemäß in Zeiten des Fachkräftemangels?
Bildquelle: Pixabay